Eigentlich bin ich so gar kein Reisemuffel und freue mich über jeden spannenden Tripp. Doch diesmal war der Zeitpunkt irgendwie unpassend. Das Fliegerlager in Pirna war noch nicht zur Hälfte rum, da durfte ich schon wieder den Koffer packen und mich von Dresden Richtung Essen aufmachen. Wenige Stunden später dann der Abflug am frühen Morgen Richtung Los Angeles.
Die Vorfreude mochte sich nicht so richtig einstellen. Zu gern wäre ich mit meiner lieben Ania, unserem neuen Vogel und den vielen netten Menschen in Pirna geblieben. Doch der Job rief und mal ehrlich: So eine Reisegelegenheit kommt nicht alle Tage. Für mich war es der erste Besuch auf der anderen Seite des Teiches – und dann gleich in Los Angeles. Ich sollte mich also freuen.
Chaos empfing mich an der Mietwagenstation am Flughafen in LA. Hertz war hier völlig unterbesetzt. Nach einer Stunde mit Gepäck in der Schlange, saß ich endlich in meiner Limousine und düste mit einem fetten Grinsen und schrecklich müde über den Highway Richtung Anaheim südlich von LA.
Dank Jetlack habe ich schon in der Nacht um Vier mit der Reiseplanung begonnen. Am Sonntag – meinem einzigen freien Tag – ging es nach Beverly Hills und anschließend zum Farmers Market. Vom nahegelegenen Leica Store hatte ich schon im Vorfeld viel gelesen. Ein Besuch war obligatorisch und mein erstes echtes Highlight in LA. Ich wurde total nett empfangen und verbrachte eine gute Stunde im Laden und vergaß die Zeit beim Studieren der Fotobücher und beim Fachsimpeln mit Cliff.
Doch so richtig sprang mich die Stadt zu diesem Zeitpunkt noch nicht an. Nach einem Besuch in Santa Monica entstand aufgrund der muskulösen Schönheiten beider Geschlechter am Strand und den vergnügungssüchtigen Amerikanern ein vermutlich einseitiger erster Eindruck. In der Stadt, in der die Innovationen und Trends von Morgen geboren werden, musste es doch mehr zu entdecken geben.
Zurück im Hotel wurde die Google-Bildersuche bemüht. Ohne Erfolg! Außer kitschigen Sonnenuntergängen und Stränden, die in den höchsten Tönen gelobt wurden, aber doch alle gleich aussahen, stellte sich kein Aha-Effekt ein. LA will erobert werden, laß ich irgendwo. Prima, sehr gerne!
Cliff vom Leica Store hatte mir LA Downtown als Tipp zum Fotografieren genannt. Auf dem Weg dorthin traf ich zufällig auf den Art District. Da war es plötzlich das Aha-Erlebnis, das innovative und doch äußerst relaxte LA. In der Nähe der 3rd Street gab es neben kleinen Boutiquen mit innovativen ökologischen Produktkonzepten auch die „Wurstküche“ zu entdecken. Sauerkraut, Bratwurst und Pommes in LA. Cheers Heimat! Das Sauerkraut war mieß, aber die Bratwurst mit Abstand die Beste, die ich bis dahin gegessen habe. Fleisch können die Amis eben.
»Auch Downtown war genau mein Fall: ranzig, quirlig, asiatisch.«me
So langsam verstand ich, weshalb es neben Google auch vielen StartUps so leicht fällt, junge innovative Menschen für diese Stadt zu begeistern. Hier wird der Amerikanische Traum in vielerlei Hinsicht gelebt.
LA ist eine Autostadt. Wer außerhalb der Strandpromenade mit dem Rad unterwegs ist, macht entweder Sport oder zählt zu den individuellen Freigeistern der Stadt. Zu Fuß planlos Umherstreunen klappt nur in begrenztem Maße. Das ist gut für den Geldbeutel, weil man nicht unvorhergesehen in Kauflaune gerät, setzt aber auch eine gewisse Vobereitung voraus. Ich musste schon genau wissen, wo ich hinwollte. Adressen habe ich zuvor im Hotel zusammengestellt und mich dann gezielt auf den Weg gemacht.
Dabei ist Stau ein ständiger Begleiter – doch ohne Zeitdruck halb so schlimm. So können in aller Ruhe die Superlative der amerikanischen Automobilindustrie und entsprechend skurrile Typen am Steuer bestaunt werden. Vorurteile werden hier in hohem Maße bestätigt.
Neben dem Art District hat es mir auch Venice angetan. Viele junge Menschen, alles saubunt und amerikanisch entspannt. Kein Wunder, dass Google hier sein Vertriebsquartier aufgeschlagen hat, große Designer wie Charles Eames ihr Atellier errichtet und Persönlichkeiten aus der Film- und Musikszene einen Wohnsitz haben.
Die gemütlichen Bars entlang der Abbott Kinney Street vermitteln mir zum ersten Mal das Gefühl, dass man in der Lage ist, auch durchaus leckeres, gesundes Essen zu servieren. Zumindest der Versuch ist erkennbar und wird als „Organic Food Concept“ angepriesen. Persönlicher Favorit ist allerdings der kalte Eistee – simpler schwarzer Tee mit einer Scheibe Zitrone, ohne Zucker, dafür mit reichlich Eiswürfeln. Keep it simple! Nachmachen ausdrücklich empfohlen!
Jetzt lasse ich euch mit meinen Bildern und ein wenig Musik allein und hoffe, einen Eindruck von meiner Entdeckungstour durch LA zu vermitteln. Hier und da ein wenig Unschärfe, ein schiefer Horizont und die Wahl des optisch eher instabilen Zwei-zu-Drei-Hochformates sind durchaus bewusst und passen zum Erlebten.
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